Langzeit-Zeitraffer

Was Motion Blur unerlässlich für Zeitraffer-Aufnahmen macht

Was Motion Blur unerlässlich für Zeitraffervideos macht

Bildrechte Headergrafik: © Sushiman – Adobe Stock

Was ist Motion Blur?

Nein, Motion Blur ist keine britische Punkrockband, sondern heißt ins Deutsche übersetzt: Bewegungsunschärfe. Der Begriff bezeichnet einen Effekt, den man am ehesten aus der Fotografie kennt. Man spricht allerdings auch in bewegten Bildern, Filmen und animierten Medien von Motion Blur, wobei die Unschärfe der bewegten Bildbereiche gemeint ist.

Motion Blur ist nicht zu verwechseln mit Unschärfe, die durch Fokussierung entsteht. Normale Unschärfe betrifft alle Bildbereiche, die mehr oder weniger (je nach Objektiv und Blendeneinstellung) weit von der Ebene entfernt sind, auf die der Kamerafokus gerichtet ist. Eine solche Unschärfe ist völlig ungerichtet. Bewegungsunschärfe hingegen betrifft alle bewegten Bildbestandteile – völlig egal, wo sie sich befinden – und verzerrt das dargestellte Objekt in Bewegungsrichtung.

Wie entsteht Motion Blur?

Wieso sind statische, nicht bewegte Objekte auf dem Bild scharf dargestellt, während auf dem gleichen Bild die Konturen der bewegten Objekte verschwimmen? Der Grund für diesen Effekt ist die Belichtungszeit, wobei gilt: Je kürzer die Belichtungszeit, desto geringer die Bewegungsunschärfe. Doch selbst bei kurzen Belichtungszeiten können in Realfilmaufnahmen bewegte Objekte nicht mit derselben Schärfe abgebildet werden wie statische.

Motion Blur entsteht automatisch aus phyikalischen Gründen, sobald sich ein Objekt während der Belichtungszeit bewegt. Die Unschärfe verstärkt sich zudem mit zunehmender Geschwindigkeit der Bewegung.

Warum ist das so?

In der Kamera ist ein Sensor verbaut, der Licht einfängt, das von Gegenständen reflektiert wird – ganz ähnlich, wie es auch das menschliche Auge tut. Ist der Gegenstand regungslos, treffen seine Reflexionen während der gesamten Belichtungszeit an dieselbe Stelle des Sensors. So entsteht ein scharfes Abbild. Ist das Objekt hingegen in Bewegung, treffen seine Reflexionen während der Belichtung aus unterschiedlichen Winkeln auf den Sensor. Das resultierende Bild wirkt daher verschwommen.

Warum sollte man einen Effekt erzielen wollen, der Bildbestandteile unscharf darstellt? Wäre es nicht vorteilhaft, die Belichtungszeit so kurz wie möglich zu setzen, um alle Bildbestandteile zu jederzeit scharf darstellen zu können? Nein, ganz so leicht kann man es sich leider nicht machen.

Ein Film besteht aus Einzelbildern, die so schnell wiedergegeben werden, dass die Abbildungen in der menschlichen Wahrnehmung fälschlicherweise als bewegt wahrgenommen werden. Üblicherweise besteht ein Video aus 25 oder 30 Bildern, die pro Sekunde wiedergegeben werden (im Kino sind sogar nur 24 Bilder pro Sekunde üblich. Andere gängige Standards sind 48, 50 und 60 Bilder pro Sekunde). Diese Bildanzahl reicht normalerweise nicht dazu aus, das Auge zu täuschen – Videos in dieser Wiedergaberate würden normalerweise als abgehackt wahrgenommen werden. Und hier kommen wir zurück zur Bewegungsunschärfe: Indem schnelle Bewegungen verschwommen wirken, fließen sie in der Bildabfolge zusammen und wirken daher flüssig. Motion Blur macht also ein angenehmes Seherlebnis erst möglich und wirkt in der Bildfolge keinesfalls unscharf.

Ein Beispiel gefällig: Die beiden untenstehenden Kreise bewegen sich in gleicher Geschwindigkeit – links ohne Motion Blur, rechts mit Motion Blur.

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs

Bilder aus in Echtzeit generierten Anwendungen mit 3D-Grafik – beispielsweise Videospiele – haben häufig keine Bewegungsunschärfe, da die Berechnung hierfür technisch anspruchsvoll wäre. Bei einer Wiedergaberate von 30 Bildern in der Sekunde würden solche Medien daher sehr abgehackt wirken. Dies ist einer der Gründe, warum Videospiele eine deutlich höhere Framerate benötigen, als es klassische Videos tun.

Auch in Standbildern kann Motion Blur gewinnbringend zum Einsatz kommen: Vor allem in der Sportfotografie wird die Dynamik des Geschehens gerne durch Bewegungsunschärfe hervorgehoben.

Lange Belichtungszeiten können auch für künstlerische Effekte eingesetzt werden: Man kennt dieses Phänomen zum Beispiel von Nachtfotografien belebter Innenstädte, wo die Lichter der Fahrzeuge sich wie hell leuchtende Streifen durch die Straßen ziehen ohne, dass das Fahrzeug selbst noch zu erkennen ist.

Motion Blur bei Zeitrafferaufnahmen

Wir haben gelernt, dass eine kurze Belichtungszeit bewegte Objekte scharf abbildet. Somit eignet sich diese Aufnahmemethode z.B. exzellent für Überwachungsszenarien, bei denen Personen oder Gegenstände detailreich auf dem Bild zu erkennen sein müssen.

Soll aus den Bildern nach Projektfertigstellung jedoch ein Video entstehen, empfiehlt es sich, sich Gedanken über die Bewegungsunschärfe zu machen:
Im Spielfilm wird die Belichtungszeit in der Regel im Verhältnis 1/(Bilder pro Sekunde*2) gesetzt. Wir sind als Zuschauer also eine Bewegungsunschärfe gewohnt, die aus einer Belichtungszeit von 1/48, 1/50 oder 1/60 Sekunde resultiert. Für Zeitrafferaufnahmen müssen wir hier aber umdenken. Da die Bewegung im Zeitraffer deutlich beschleunigt dargestellt wird, muss sich die Belichtungszeit an dem Zeitabstand zwischen zwei Fotos, die das Zeitraffersystem anfertigt, orientieren. Das heißt im Optimalfall: Macht die Kamera jede Stunde ein Foto, so müsste die Belichtungszeit eigentlich 30 Minuten betragen. Derart lange Belichtungszeiten sind in der Praxis kaum durchgängig umsetzbar (da sich die Lichtverhältnisse im Laufe des Tages stetig ändern und die Kamera so eingestellt werden muss, dass sie auch an grauen Tagen verwendbare Fotos aufnimmt). In der Praxis reichen auch Belichtungszeiten von einigen Minuten, um einen flüssigen Film zu gewährleisten.

Damit die Bilder bei derart langen Belichtungszeiten nicht völlig überbelichtet werden, müssen sogenannte ND-Filter (Neutraldichtefilter) vor die Kameralinse geschraubt werden. Diese grau bis schwarzen Glasscheiben verdunkeln das Bild, indem sie einen Großteil der Lichtstrahlen „schlucken“ und nur noch einen kleinen Teil auf die Linse treffen lassen. Für Langzeit-Zeitrafferaufnahmen bei Tageslicht sollten sehr starke ND-Filter zum Einsatz kommen, die für das menschliche Auge fast schwarz wirken.

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Anonymisierung durch Bewegungsunschärfe

Ein weiterer Vorteil von langen Belichtungszeiten: Menschen und besonders Gesichter wirken auf den Bildern ganz automatisch verschwommen, da sie sich fast zwangsläufig innerhalb der langen Belichtungszeit bewegen. Gerade hinsichtlich der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) führt dies dazu, dass Personen nicht auf Basis der Aufnahmen identifiziert werden können. Unsere Kamerasysteme unterstützen auch bei knackig scharfen Bildern automatische Verpixelungen von Gesichtern, beim Einsatz von langen Belichtungszeiten ist dies aber nicht nötig. Die Anonymisierung fällt damit für den Zuschauer nicht ins Auge.

Der Einsatz von Motion Blur bei Zeitrafferaufnahmen ist eines der wichtigsten Merkmale von High-End-Zeitraffer-Videos und gerade bei Langzeit-Zeitraffern mit großen Herausforderungen verbunden. Wir von Langzeit-Zeitraffer passen uns den Wünschen und Bedürfnissen unserer Kunden an und richten Ihr System passgenau für Sie ein. Ist der Einsatz von langen Belichtungszeiten nicht möglich, so versehen wir Ihren Film im Rahmen einer professionellen Postproduktion mit einem berechneten Motion Blur und lassen so Bewegungen von Schatten ineinander fließen.

Ganz egal, wie Ihre Ansprüche lauten: Wir realisieren für Sie die bestmöglichen Zeitrafferaufnahmen.

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